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Wellness für die Seele am Fleesensee

by Reesen Mag

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Wäre es nicht spannend, sich beim Wandern einmal auszuliefern? Also nicht selbst zu entscheiden, wo es langgeht, sondern sich jemandem anzuvertrauen, der den Weg, aber auch das Tempo in ganz eigener Weise bestimmt. Die in den Anden beheimateten Alpakas sind wie geschaffen für völlige Entspannung im Hier und Jetzt. 

Alpakas sind die idealen Tiere für eine Entschleunigung, die wir alle so nötig haben. Sie sind achtsame Begleiter, die aus uns stressgeplagten Menschen entspannte Wanderer machen. 

Während beim Wandern unsere Gedanken sonst oft ihre eigenen Wege gehen, ist man beim Alpakawandern – gedanklich gesehen – ja selbst an der Leine. Das geistige Abschweifen, das wir alle beim Wandern so sehr kennen, lassen die Alpakas nicht zu. Durch die Zuwendung zum Tier werden alle anderen Dinge, die einem so ständig durch den Kopf gehen, automatisch abgeschaltet. Der Kopf wird herrlich frei. Wanderer – finde zu dir selbst und bleibe im Moment. Außerdem ist allein der Anblick dieser zauberhaften Wesen eine Streicheleinheit für die Seele. 

Penkow, nur fünf Kilometer von der Inselstadt Malchow in Mecklenburg-Vorpommern entfernt, ist solch ein wunderbarer Ort, um abzuschalten und zur Ruhe zu kommen. Es gibt einen Dorfteich, einen ehemaligen Gutshof und, kaum zwei Kilometer vom Ortskern entfernt, einen Golfplatz und einen Schlosspark, in dessen Wellnessbereich man sich Haut und Seele streicheln lassen kann. Das mit dem Seelestreicheln klappt natürlich auch beim Wandern mit den Alpakas.

Ausgangspunkt der Wanderung ist der Alpakahof der Familie Tönnessen. Kerstin ist Grundschullehrerin, Andreas kommt aus der Medienbranche. Ihre Leidenschaft für das Wandern mit Alpakas haben die beiden mittlerweile lebenserfüllend zu ihrer Hauptbeschäftigung gemacht. 

Alpakas wurden vor über 5.000 Jahren aus der Wildform, den Vikunjas, gezüchet.

Diese Art des Wanderns ist auch als therapeutisches Wandern anerkannt. Kerstin und Andreas haben den Alpakas sogar das Fahrstuhlfahren beigebracht, denn die Tiere sind gern gesehene, hilfreiche Gäste in Seniorenheimen und Hospizen.

Vor der eigentlichen Wanderung gibt es zunächst eine kleine Aufwärmrunde. Es ist wichtig, sich vorab zu beschnuppern, sich erst einmal kennenzulernen und so ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Wir füttern die Tiere erst einmal in einem umzäunten Auslauf, einem Paddock vor dem Stall, mit mineralstoffreichem Futter. Dieses Körnerkraftfutter ist wichtig, weil die Böden in Europa nicht so mineralstoffreich sind wie die Böden der Alpaka-Heimat in den Anden. 

Alpakas sind Distanz- und Fluchttiere, das heißt, sie sind von Haus aus eher scheu und nicht verschmust. Alpakas berühren sich untereinander kaum, da wird mal kurz Nase an Nase gerieben – aber ansonsten bewahren und lieben sie den Abstand. Das ist sehr vorteilhaft, denn Alpakas werden niemals aufdringlich. 

Andreas gibt uns noch andere interessante Infos mit auf den Weg. In den Anden werden Alpaka-Babys nicht von der Mutter trocken geleckt. Da das von der Geburt nasse Fell auf 3.500 bis 5.000 m Höhe in den Frostnächten das Todesurteil für die Neugeborenen wäre, gebären Alpaka-Mütter in Lateinamerika in der Regel nur vormittags und nur an sonnigen Tagen. Spannend. Die Kleinen werden also immer sonnen- und luftgetrocknet. Ich berühre das von mir gewählte Alpaka namens Fuchur sanft am Rücken. Sein Fell ist staubtrocken, denn im Gegensatz zu Schafen fehlt Alpakawolle das schützende Wollfett Lanolin.

Auch erfahren wir, dass Alpakas bereits vor über 5.000 Jahren aus der Wildform, den sogenannten Vikunjas, gezüchtet wurden. Ihre Verwandten, die Lamas, gehen auf die wilden Guanakos zurück. Als reine Zuchtform verlieren Alpakas ihr Fell nicht mehr automatisch und müssen einmal im Jahr geschoren werden. 

Die Vorfahren der Alpakas, die wilden Vikunjas, „scheren“ sich selber, indem sie einfach durch Gestrüpp laufen, an dem die Wolle flockig hängen bleibt. Die Inkas haben diese Wolle zur weiteren Verwertung früher einfach von diesen Büschen abgepflückt wie Baumwolle, oder besser gesagt wie „Buschwolle“. 

Nachdem wir uns also etwas mit unseren Begleitern vertraut gemacht haben, werden die Tiere gehalftert, die Leine wird zu einer kurzen Schlaufe gebunden und dann geht es los, in die farbenprächtige Wildnis voller Korn- und Mohnblumen. Das Schöne an dieser Wanderung ist, dass man sich keine großen Gedanken machen muss, wo es langgeht. Man wird geführt. Den Blick auf die Navigation, auf GPS-Daten oder die Suche nach zugewucherten Wegweisern kann man sich sparen und sich allein auf die Tiere, die Landschaft und das Gehen konzentrieren. 

Die ästhetische Schönheit der Alpakas und ihre entspannt ruhige Art erleichtern die Ankunft im Hier und Jetzt.

Jedes Tier hat seinen eigenen Charakter. Man muss sich hier als Tier-Mensch-Team zusammenfinden. 

Mein Alpaka, der nach Michael Endes Drachen aus der „Unendlichen Geschichte“ benannte, mit einer wilden Tolle ausgestattete Fuchur, ist besonders aufmerksam. Er läuft nicht einfach nur neben mir her. Vielmehr scheint er mich erst einmal abzuschätzen und schreitet dann bedächtig, geradezu andächtig weiter. Alpakas sind Meister der Aufmerksamkeit. Mein Alpaka nimmt das Rascheln eines Rebhuhns, eines Hasen oder ein im Gras verstecktes Kranichküken viel eher wahr als ich.

Das Alpaka als wunderbarer Naturführer und Entdecker. Wir schlendern gemächlich an blühenden Wiesenflockenblumen vorbei. Den Duft von Hibiskus in der Nase entwickle ich schnell ein Gefühl für das Miteinander und dafür, was Alpakas lieben. 

Hibiskus- aber auch Heckenrosen bzw. die Hagebutten schmecken Alpakas besonders gut. Die Triebe junger Brennnesseln lieben sie so sehr, dass sie sich dafür sogar hinknien, aber auch gelbe und weiße Scharfgarbe stehen auf ihrem Speiseplan. Aufmerksam gibt Kerstin darauf acht, ob giftiges Jakobskreuzkraut am Wegrand steht, das übrigens auch nie ins Heufutter gelangen darf. 

Fuchur, der Hippie, hat auch gerne immer etwas Wegeproviant dabei – und lässt sich ab und an auch mal fotogen mit Gänseblümchen in der Schnauze ablichten.

Die ästhetische Schönheit der Tiere und ihre entspannt ruhige Art erleichtern die Ankunft im Hier und Jetzt. Aber das erfordert, wie man bald spüren wird, immer etwas Leinenzug – denn sonst wenden sich die Tiere dem zu, was sie am meisten interessiert, dem konzentrierten Grasen am Wegesrand. 

Wenn Fuchur am leckeren Naturbüffet verweilen möchte, gebe ich also ein wenig Zug auf die Leine, gönne ihm aber auch Pausen. An einem Apfelbaum sehe ich, wie ein Alpaka namens Lucifer versucht, eine Giraffe zu imitieren. Es stellt sich geschickt auf die Hinterbeine und streckt sich in die Höhe, um an die Blätter und Knospen zu kommen. Über uns vollführt ein Rotmilan akrobatische Manöver. 

Als wir an einem Feldweg am Ortsrand an einem Imker vorbeikommen, der mit seinen Bienenstöcken und Beuten beschäftigt ist, verändern alle Alpakas sofort ihren Gang und schauen gespannt in die Richtung des Imkers. Wieder zeigen sie ihre Neugier und Achtsamkeit.

Im Schloss Klink am Ufer der Müritz kann auch übernachtet werden.

Auch im Winter finden Alpakawanderungen statt. Die Tiere haben dann eine schöne, dicke Wolle und frieren keinesfalls. Die Tönnessens bieten u. a. auch Alpaka-Yoga und das tiergestützte therapeutische Wandern für Menschen mit Burn-out an. Zusätzlich kann man im kleinen Hofladen in allerlei Alpakaprodukten stöbern.

Empfehlenswert ist ein abschließender Besuch des prächtigen Schlosshotels Fleesensee und ein Ausflug zum Schloss Klink mit der Möglichkeit, sich am Strandbad in der Müritz zu erfrischen.

Text: Joscha Remus

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