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Kontrastreicher geht es kaum. Prunkvolle Schlösser treffen auf hochmoderne Architektur. Grünes Denken auf freien Lebensstil. Streetfood auf Sterneküche. Willkommen in Kopenhagen.
Die coolste Stadt Europas. Vorausgesetzt, es herrschen gerade hochsommerliche 22 Grad und man hat jemanden wie Salomonsen. Salomonsen wirkte anfangs etwas schwerfällig, konnte ungemütlich werden, war ab und zu auch anstrengend und redete kein einziges Wort. Dennoch war er in dieser Großstadt, auf die die Beschreibung Dorfmetropole viel besser zuträfe, ein steter Begleiter, der sich als unverzichtbar erwies.
Dänemarks Hauptstadt hieß früher Køpmannæhafn. Im Jahr 1043 … Ich schweife ab. Dies ist eine Ode, keine Geschichtsstunde. Vielleicht etwas Politik, mal sehen. Die nordeuropäische Hafenstadt kommt mit einer ungeheuren Vielfältigkeit daher und bietet so einiges. Eine autonome, (fast) ohne Gesetze lebende Hippie-Kommune, eine Skipiste samt Kletterwand auf dem Dach einer Müllverbrennungsanlage, ein schöner Strand mit Blick auf den ewigen Klassenbesten Schweden, ein mit Blumenbeeten und Springbrunnen geschmückter Vergnügungspark, etliche saubere Wasserkanäle, die gerne als sehr kühle Abkühlung genutzt werden, ein riesiger, täglich geöffneter Bio-Streetfood-Markt, prachtvolle, königliche Paläste, die sich an klares, dänisches Design reihen, eine Kunst- und Kulturszene, die den internationalen Vergleich nicht zu scheuen braucht, und ganz nebenbei noch die besten Restaurants der Welt.
Kein Wunder also, dass Kopenhagen bereits mehrfach zur lebenswertesten Stadt der Erde gekürt wurde. Das hat aber vor allem damit zu tun, dass ihr gesamtes Konzept darauf ausgelegt ist, funktional zu sein. Stichwort dänisches Design, man denke an windgeschützte Badeplätze oder strategisch gut platzierte Hafenbusse. Ihre hiesige, moderne Architektur kommt vor allem seinen Bewohnern zugute und wurde ihrem Alltag präzise zugeschneidert. Die rund um die Uhr, pünktlich abfahrende fahrerlose U-Bahn sowie das hunderte Kilometer lange, klar von potenziell gefährlichen, motorisierten Pendlern abgetrennte Radwegnetz ergänzen die perfektionistische Symbiose von Nutzen und Brauchen.
Ohne Salomonsen geht nichts
In der Welthauptstadt der Radler verkehren seit 2016 täglich mehr Fahrräder als Autos. Damals wie heute aber nicht etwa der Umwelt zuliebe, nein, sondern weil man ganz einfach viel schneller an sein Ziel kommt. Bereits vor über 50 Jahren erkannte die Politik Vorteile einer solchen Stadtplanung: der Infrastruktur-Ausbau ist um einiges billiger; die Umweltverschmutzung geringer, was letztlich auch deren Bekämpfungskosten senkt; Fahrradfahrer sind allgemein gesünder oder, besser gesagt, seltener krank, belasten die staatliche Krankenkasse somit weniger.
Auf sanfte Mobilität zu setzen, entpuppt sich als ein äußerst gerissener Schachzug, wobei die sehr flache Geologie der Insel Seeland, auf der Kopenhagen errichtet wurde, einer solchen Strategie natürlich in die Karten spielt.
Teuer, aber sexy
Die liberale und nachhaltige Stadt ist nicht gerade günstig, vor allem, wenn man in den Genuss gehobener Gastronomie kommen möchte. Den Charme der dort herrschenden Hygge – das dänische Lebensgefühl und Rezept für Glück –
beeinflusst dies jedoch kaum. Hygge bedeutet so viel wie eine gemütliche, gesellige Atmosphäre.
Wäre ich eine Stadt, würde ich mir wünschen, Kopenhagen zu sein. Würden dort ganzjährig angenehme Temperaturen herrschen, würde ich hinziehen, mir eine mit eigenem Kajak-Steg ausgestattete Wohnung gönnen, täglich ein gut belegtes Smørrebrød verzehren und meinen Salomonsen wahrscheinlich Svenson nennen, weil ich es nicht besser weiß und es nordisch klingt. Salomonsen war der Name meines Fahrrads. Hier haben Fahrräder Namen.
Ziemlich cool.
6 To-Dos in Kopenhagen
Neben den weltbekannten Attraktionen wie der Kleinen Meerjungfrau und dem pittoresken Hafenviertel Nyhavn versprechen diese sechs Orte eine lohnenswerte Erfahrung.
- Broens Gadekøkken – Hier setzen Spitzenköche auf Qualität und präsentieren ihre Interpretation von Weltklasse-Streetfood: der Bridge Street Kitchen-Markt wurde vom 3-Sterne-Restaurant noma mitgegründet.
- CopenHill – Ein Fahrgefühl, wie auf hartem Schnee: die Müllverbrennungs-anlage ist der höchste künstliche Freiluft-Skihügel der Welt und beherbergt außerdem eine Roof-Top Bar und eine 85 Meter hohe Kletterwand.
- Amager Strandpark – Kopenhagens größter Strand ist mit dem Rad vom Zentrum aus leicht zu erreichen. Das gut besuchte Erholungsgebiet bietet einen Ausblick auf die berühmte Öresundbrücke. Sie verbindet Dänemark mit Schweden.
- Freistadt Christiania – Geduldet, geliebt, umstritten, immer wieder Anlass für Diskussionen: die seit 1971 bestehende alternative Wohngemeinschaft verwaltet sich mit wenigen Regeln selbst. Es gibt weder Mietverträge noch Hauseigentum.
- Tivoli Gardens – Es heißt, Walt Disney habe hier die Inspiration für sein erstes Disneyland gefunden. Der zweitälteste Vergnügungspark der Welt (der Älteste befindet sich ebenfalls in Kopenhagen) ist mitten in der Innenstadt.
- Curfew – Angelehnt an die Prohibition der 1920er-Jahre, liegt der Eingang versteckt hinter einem falschen Bücherregal. Eine der besten Cocktailbars sollte man ausnahmsweise ohne Fahrrad besuchen.
Text: Marc Dostert
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