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DIE METAMORPHOSE DES „BOTXO“

by Reesen Mag

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Kaum eine Stadt Europas hat solch eine erstaunliche Wandlung durchlebt wie Bilbao. In den letzten zwanzig Jahren hat sie sich von einer grauen Industriestadt zur kulturellen Metropole gemausert, in der sich namhafte Architekten gerne verewigen. Bei jedem Besuch entdecke ich etwas Neues.

„Puppy“ ist längst zum Wahrzeichen der Stadt geworden. Der riesige, bunte Blumenhund empfängt die Besucher vor dem imposanten Titanbau, der an ein Raumschiff aus der Zukunft erinnert. Der schottische Welpe von Jeff Koons sollte zwar nach dem Einweihungsjahr des Guggenheim Museums 1997 entfernt werden, doch nach lautem Protest blieb die Skulptur. Puppy gehört seither als Maskottchen fest zum Stadtbild.

Vom hässlichen Entlein zum schönen Schwan

Bilbao hat in Rekordzeit eine vorbildliche Wandlung durchlebt, die auch Skeptiker überzeugt hat. Die Transformation wurde durch den Bau des bekannten Guggenheim-Museums eingeleitet. Früher war Bilbao als schmutzige Industrie- und Hafenstadt für Besucher unattraktiv. Die Wirtschaftskrise in den Siebzigern hatte die Schließung großer Fabriken und Werften zur Folge, was die Stadt für viele Jahre in Massenarbeitslosigkeit stürzte.

Doch Bilbao hatte eine Vision. Um Arbeitsplätze zu schaffen, musste die Stadt saniert werden und ein neues Image bekommen. Die Zuständigen setzten alles auf die Kultur. Als die Guggenheim-Stiftung aus New York ein neues Museum in Europa plante, erkannte Bilbao ihre Chance. Viele hielten die Kandidatur für Größenwahn, typisch Bilbao eben. Doch die Kritiker wurden eines Besseren belehrt. Seit der Eröffnung von Frank Gehrys fantastischem Monumentalwerk kommen jährlich rund eine Million Neugierige aus allen Kontinenten, um das Gebäude zu bewundern. Bilbao ist gar zum Aushängeschild des gesamten Baskenlandes geworden. 

Kombination aus Avantgarde und Tradition

Doch dies war nur der Beginn einer Metamorphose, die bis jetzt anhält. Viele sprechen vom „Guggenheim-Effekt“. Namhafte Architekten hinterließen ihre Handschrift. Der Brite Norman Foster baute eine futuristisch anmutende U-Bahn. Die Glasrohre, die aus der Erde wachsen, nennen die Bilbaínos liebevoll „Fosteritos“. Philippe Starck verwandelte ein altes Weinlager in ein originelles Kulturzentrum. Santiago Calatrava baute eine moderne Brücke und einen Flughafen in Form einer Friedenstaube. Und bald soll eine brach liegende Halbinsel nach Plänen der bereits verstorbenen Zaha Hadid bebaut werden. Nicht zu vergessen das neue Fußballstadion San Mamés des Clubs Athletic Bilbao. Es wurde erweitert und dem avantgardistischen Stadtbild angepasst. „La Catedral“ nennen es die Athletic-Fans, denn sie wird sicherlich besser besucht als die echte Kathedrale Santiago in der Altstadt.

Das elegante Stadtzentrum und die Altstadt mit den engen Gassen, den „Siete Calles“ (Sieben Straßen), das klassizistische Theater Arriaga und der Jugendstilbahnhof auf der anderen Flussseite bilden einen schönen Kontrast zum avantgardistischen Bilbao.

Am Ufer des Nervión

Besonders schön ist es, am Fluss Nervión entlangzuspazieren oder eine kleine Radtour zu unternehmen. Man könnte fast vergessen, dass hier früher große Handelsschiffe fuhren. Seit der Hafen an die Meeresmündung verlegt wurde, schmücken Grünanlagen mit Eisenskulpturen die Ufer. Wer eine Bootstour unternimmt, wird eine neue Perspektive des Guggenheim-Museums erleben. Etwas weiter, Richtung Kongresspalast „Euskalduna“, befindet sich eine ehemalige Werft. Dahinter liegt das Schifffahrtsmuseum. Draußen erinnern restaurierte Schiffe, riesige Anker und Metallketten an vergangene Zeiten. Ein wahrer Hingucker der ehemaligen „Docklands“ ist jedoch ein roter Kran namens „Carola“ – Hommage an eine schöne Frau mit rotem Kleid, die den Hafenarbeitern beim Vorbeigehen den Kopf verdrehte. Geschichte und Legenden machen den Charme der lebendigen Stadt aus.

Bilbao ist eine Metropole zum Wohlfühlen. Pulsierend und doch gemütlich. Traditionell und innovativ. Weltoffen und stolz auf ihre industriellen und baskischen Wurzeln.

Die Einheimischen nennen ihre von grünen Hügeln eingekesselte Stadt seit jeher „el Botxo“ (das Loch). Heute kann sich die unprätentiöse Metropole stolz der Welt zeigen und hält noch immer Überraschungen parat.

1. Berg Artxanda

Wer einen Eindruck der Stadt gewinnen möchte, sollte sich den Panoramablick vom Berg Artxanda auf keinen Fall entgehen lassen. Die charmante Zahnradbahn „Funicular“ fährt alle 15 Minuten bis zum Aussichtspunkt. Oben ist ein kleiner Park und ein lokales Restaurant. 

2. Azkuna Zentroa

Im Volksmund auch „Alhóndiga“ genannt. Ursprünglich war es ein altes Weinlager aus dem 19. Jahrhundert. Nach den aufwendigen Restaurierungsarbeiten des Stararchitekten Philippe Starck wurde es als Kulturzentrum wiedereröffnet. Hier finden regelmäßig Kulturveranstaltungen statt. Das Zentrum beherbergt eine Bücherei und ein Schwimmbad, Kinos, Theater, Restaurants und Designergeschäfte. 

www.azkunazentroa.eus

3. Museo de Bellas Artes

Das Museum der Schönen Künste kann sich sehen lassen. Baskische Künstler sind hier zu Hause wie auch europäische Kunst aus verschiedenen Epochen seit Beginn des 12. Jahrhunderts. Das Museum befindet sich im zentralen Stadtpark und wird demnächst unter der Leitung von Norman Foster erweitert werden. 

www.museobilbao.com

4. Zubizuri

Baskisch für „weiße Brücke“. Das Werk des spanischen Architekten Santiago Calatrava zieht sich wie ein weißes Segel über den Fluss. Überqueren kann man die Brücke zu Fuß oder mit dem Rad. Von hier aus kommen die Isozaki-Türme des japanischen Architekten dann so richtig zur Geltung. Man fühlt sich fast wie in Chicago oder Manhattan. 

5. Mercado de la Rivera

Ein Muss für Foodies ist der Mercado de la Rivera. Die elegante Markthalle im Stil des Art Déco erinnert an ein Schiff, das am Fluss andockt. Die „Bilbaínos“ besuchen morgens gerne den Fischmarkt. Fleisch- und Gemüsestände bieten frische Produkte aus der baskischen Region. Übrigens ist es laut Guinness-Buch die größte überdachte und am besten ausgestattete Markthalle Europas.

www.mercadodelaribera.biz

6. Puente de Bizkaia

Der perfekte Plan für schwindelfreie Brückenfans. An der Flussmündung befindet sich die berühmte Hängebrücke, auch „Puente Colgante“ genannt. Sie wurde hoch genug gebaut, damit große Schiffe nach Bilbao hineinfahren können. Eine Schwebefähre für Autos und Personenverkehr ist seither im ständigen Einsatz. Diese Eisenbrücke ist eine wahre Pionierleistung und gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe.

www.puente-colgante.com

Autor: Jone Karres Azurmendi

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