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Kos – die Insel des Hippokrates

by Reesen Mag

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Als Teil der Dodekanes-Inselgruppe weiß Kos nicht nur mit zahlreichen Stränden, sondern auch mit bedeutsamen Relikten aus einer langen, bewegten Vergangenheit zu begeistern.

„Die meisten liegen den ganzen Tag am Pool, obwohl wir hier die schönsten Strände der Welt haben“, wundert sich Dia Toggas. Die 42-Jährige betreibt einen Kiosk in Kardámena an der Südküste von Kos. Nein, reich werde sie davon nicht. Doch in den sieben, acht Monaten während der Saison von Mai bis Oktober verdiene sie genug, um den Rest des Jahres davon leben zu können, beteuert Dia. 

Ob Kos wirklich über die schönsten Strände der Welt verfügt, sei dahingestellt. Fest steht, es gibt entlang der 112 Kilometer langen Küstenlinie einige großartige Buchten und Strände wie den Paradise Beach, Camel Beach, Sunny Beach oder die Bucht von Kamari. Kardámena selber gehört wohl eher nicht dazu. Im Gegenteil. Die Strandabschnitte sind schmal und bestehen aus einem Gemisch aus Sand und Kies. Dafür avanciert das 2.000-Seelen-Nest in puncto Nachtleben zur (heimlichen) Partyhauptstadt der Insel. Entlang der Promenade drängt sich Nachtclub an Nachtclub, locken Bars, Cafés und Restaurants. 

Wie überall auf Kos wird mit Broschüren, Handzetteln und Reklametafeln für Ausflüge nach Rhodos oder Bodrum in der nahe gelegenen Türkei geworben. Gemessen an der Zahl der Anbieter ein scheinbar lohnendes Geschäft. Doch wie merkwürdig ist dies: Da reist man auf eine sonnenverwöhnte Insel, um dann zu einer anderen zu entfliehen? Zumal Kos selber allerhand zu bieten hat. Sonne, Sand und herrliche Badetemperaturen lassen das Eiland in der südlichen Ägäis zu einem Paradies für Sonnenanbeter, Feierlustige und Sandburgenbauer avancieren. 

Bedeutendste Ausgrabungsstätte ist Asklepíeion. Das antike Sanatorium, das als eine der ersten Kurkliniken der Menschheit gilt, liegt rund vier Kilometer südwestlich von Kos-Stadt auf einem von Zypressen bewaldeten Hügel. Die terrassenförmige Anlage wurde 1902 vom deutschen Archäologen Rudolf Herzog entdeckt. 

„Hippokrates hat hier seinen berühmten Eid verfasst“, beteuert Dia, die nicht müde wird, die Sonnenseiten ihrer Heimat herauszustellen. Ob der Urvater der modernen Medizin tatsächlich in Asklepíeion seinen Schwur begründet hat, darf bezweifelt werden. Wahrscheinlicher ist, dass die Heilstätte erst nach seinem Tod errichtet wurde. 

Gleichwohl sind alle Insulaner bestrebt, das Gedenken an den berühmten Sohn aufrechtzuerhalten. Da ist zum Beispiel jene Platane in Kos-Stadt, die Hippokrates angeblich selber gepflanzt hat und unter der er zu sitzen pflegte. Der Baum ist so altersschwach, dass er nur dank eines riesigen Gerüstes überhaupt noch stehen bleibt. Und natürlich locken an jeder Ecke Hippokrates-Devotionalien.
Zum Verkaufsschlager rücken neben Büsten mit dem Kopf des Gelehrten vor allem Nachdrucke seines Eides auf, der noch heute den Ehrenkodex für Ärzte weltweit beschreibt.

Der charmante Kern der Inselkapitale erstreckt sich um Mandráki, den fast runden Hafen. Dieser diente in der Antike als wichtigster Handels- und Kriegshafen der Insel. Um ihre Flotte zu schützen, errichteten die Johanniter-Ritter hier im frühen 14. Jahrhundert die Burg Nerátzia. Um den Freiheitsplatz, den Platiá Elefetheriás, gruppieren sich die elegante Markthalle, die 1725 erbaute Defterdar-Moschee, in der heute kleine Geschäfte und ein Café untergebracht sind, sowie das Archäologische Museum. 

Eine monumentale Entdeckung

Nur einen Steinwurf entfernt lädt die Agorá zu einer Zeitreise in die Antike ein. Das Areal war durch Zufall entdeckt worden, nachdem ein Erdbeben am 23. April 1933 weite Teile der Innenstadt zerstört hatte. Ein schicksalhaftes Ereignis, das sich zumindest aus Sicht der Archäologen als Glücksfall erwies. Denn unter den Trümmern entdeckten sie die Reste einer antiken Stadt. Noch größer und besser erhalten ist das westliche Ausgrabungsfeld, an dessen Rand ein 1.800 Jahre altes römisches Amphitheater, das Odeon, zu begeistern weiß. 

Wesentlich beschaulicher geht es in Bergdörfern wie Asfendioú oder Pylí im Schatten des 846 Meter hohen Dikéos-Massivs zu. Alte Griechen sitzen hier auf unbequemen Holzschemeln vor weiß getünchten Häusern. Streunende Katzen huschen um Ecken, in Schwarz gehüllte Frauen palavern wild gestikulierend in den verträumten Gassen. Vielleicht erzählen sie von ihren Vor-Vorvätern, die einst in Paléo Pylí zuhause waren. Das Dorf wurde 1830 nach einer Choleraepidemie aufgegeben und ist heute eine Geisterstadt. Hoch über den Ruinen des alten Dorfkerns thronen die Reste eines byzantinischen Kastells aus dem 11. Jahrhundert. Von hier bieten sich famose Blicke auf den Inselnorden und die türkische Küste. 

Überall wird einem eine Tour nach Ziá ans Herz gelegt. Griechenland in seiner ursprünglichen Form sei dort zu finden. Zudem würden sich von dem Bergdorf aus herrliche Blicke auf den Nordosten von Kos auftun. Das mit den Blicken stimmt. Ansonsten erwartet einen in Ziá jedoch ein Kulturschock: Vollgestopfte Reisebusse schlängeln sich die Serpentinen hinauf, wo Souvenirhändler an Souvenirhändler Kitsch feilbieten. Daneben finden sich eine Handvoll Restaurants, während die schmalen Gassen zur sehenswerten Kirche Kimissis tis Theotókou mit ihren byzantinischen Wandmalereien und zur ältesten Wassermühle in Kos führen.

Badevergnügen im Südwesten

Ungleich lohnenswerter ist ein Abstecher auf die Halbinsel Kéfalos im Südwesten der Insel. Hier liegen mit Ágios Stéfanos und Paradise Beach zwei der besten Strände der Insel. Bei Letzterem durchbrechen Blasen aus dem vulkanischen Untergrund die Meeresoberfläche und sorgen für ein natürliches Sprudelbad. Am Ágios Stéfanos liegen die Ruinen einer Basilika aus der Frühzeit des Christentums. Zusammen mit der Insel Kastri mit der kleinen Kirche des Àgios Nicolaos, die rund 100 Meter vor der Küste liegt und halb gehend, halb schwimmend zu erreichen ist, bildet die Ausgrabungsstätte einen der prächtigsten Blickfänge der Insel.

Nicht unerwähnt bleiben sollte zudem ein Naturschauspiel: Im Südosten von Kos lädt die Embrós-Therme zum besonderen Badevergnügen ein. Aus einem Felsspalt dringt hier bis zu 49 Grad Celsius heißes Wasser und läuft in ein natürliches Becken. Die Wellen der Ägäis schlagen über die niedrige Steinmauer und vermischen sich mit dem heißen Wasser. Eine Wohltat, die auch noch nachweislich gegen Haut-, Augen-, Atemwegs- und Muskelerkrankungen sowie Rheumatismus und Arthritis hilft. 

Autor: Karsten-Thilo Raab

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