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KIRGISISTAN – ABENTEUER IM HERZEN ASIENS

by Reesen Mag

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Kirgisistan: Land der sagenhaften Berge. Umringt von China, Kasachstan, Usbekistan und Tadschikistan bleibt das beschauliche Kirgisistan bei internationalen Touristen fast gänzlich unter dem Radar. Das wenig erschlossene Land hinterlässt mit seiner ursprünglichen Lebensweise und der unberührten Natur einen bleibenden Eindruck. Von der Hauptstadt Bischkek zum größten See des Landes Yssikköl bis zur kirgisischen Hochebene und der Karawanserei Tasch Rabat im Süden des Atbaschy-Gebirgszugs. Am Ende unseres Trips entdecken wir den Hochgebirgssee Songköl. Eine erleuchtende Reise, wenn man sich etwas aus seiner Komfortzone wagt. 

Warum sollte man nach Kirgisistan reisen, in dieses Land, dessen Grenzen noch aus den Zeiten der UdSSR stammen? Achtung, die Liste ist lang! Wegen der leuchtend weißen Jurten, dem traditionellen Nomadenzelt, die auf den sagenhaften Hochplateaus aufgestellt wurden. Wegen der zauberhaften Berglandschaften mit bis zu 6.000 Meter hohen Bergen (der höchste Berg des Landes, der Dschengisch Tschokusu, ist sogar sagenhafte 7.439 Meter hoch); wegen der Hirten, die hoch zu Ross ihre Kuh- und Schafherden bewachen. Wegen der langhaarigen Yaks, die grunzend wie Schweine die Berglandschaften bevölkern. Wegen der schillernden Bergseen, in denen Himmel und Erde sich berühren. Auch wegen der interessanten Gesichter der Menschen hier. Sie sind eine Mischung aus Kirgisen, Uiguren, Usbeken, Kasachen, Dungangen (muslimische Chinesen, die sich im 19. Jahrhundert hier niedergelassen haben) und Russen. Nach Kirgisistan reist man aber auch wegen der vielen Farben der bunten Märkte mit dem Gemüse, den Trockenfrüchten und vielen süßen Leckereien. Wegen der Farben der Kleider der Frauen und Hüten der Männer, den traditionellen Kalpaks. Und wegen des Essens: des traditionellen Tees, der guten Suppen und dem herrlichen Fleisch, das hier gebraten oder gekocht serviert wird. „Kirgisistan ist ein Land, in dem man noch Abenteuer erleben kann“, weiß unser Gastgeber Samuel, ein Schweizer, der seit über zwanzig Jahren in Bischkek lebt und ein Reisebüro leitet. Wer es weitläufig mag, wer das Exotische sucht, wer sich von der kulturellen Vielfalt und dem rauen Charme bäuerlicher Landschaften angezogen fühlt, muss eine Reise nach Kirgisistan unternehmen! 

1. Bischkek, die sowjetische Hauptstadt

Es stimmt: Das im Norden an der Grenze zu Kasachstan und auf 800 Meter Höhe gelegene Bischkek zählt eine Million Einwohner und mutet mit seiner Architektur sehr „sowjetisch“ an. Jedes noch so nebensächliche Verwaltungsgebäude ist hier zu einem Riesenpalast aufgepumpt worden. Entlang der Chuy Avenue, der langen, von tristen Wohngebäuden gesäumten Hauptstraße, wimmelt es nur so von städtebaulichem Wahnwitz. Es gibt den riesigen grauen Betonkasten der Philharmonie, sein Abbild in Weiß ist der Präsidentenpalast. Der kalte „Kubus“ hingegen beherbergt das Geschichtsmuseum. Auch Akademien gibt es hier, riesige gepflasterte Plätze, auf denen kein einziger Pkw zu sehen ist, große Parks mit üppiger Blumenpracht, stolze Heldenstatuen zu Ross. Zum Glück gibt es den Osch-Basar. Das ist der große Markt in Bischkek, wo es Trockenfrüchte und Gemüse zu kaufen gibt, hier wimmelt es von Menschen, Farben und Düften, hier wird die ganze landwirtschaftliche Vielfalt des Landes sichtbar. 

2. Der Burana-Turm – unterwegs auf der Seidenstraße

80 Kilometer östlich von Bischkek befindet sich der atemberaubende, 24 Meter hohe Burana-Turm aus Ziegelstein. Dabei handelt es sich um Überreste eines Minaretts einer Moschee aus dem 10. Jahrhundert. Er steht völlig verlassen in einem Tal des Tschüi (natürliche Grenze zwischen Kirgisistan und Kasachstan) und ist ein Relikt aus der Zeit, als sich hier die mittelalterliche Siedlung Balasagun auf einem der Hauptwege der Seidenstraße befand. Der in den 1970er Jahren wiederhergestellte Turm erinnert an die einst muslimische Prägung des Landes und daran, dass sich hier die Wege persischer, chinesischer, türkischer und indischer Händler kreuzten, was ihnen ein hohes Maß an kultureller und religiöser Toleranz abverlangte. Die gemeißelten nestorianischen (christlichen) Tafeln, die hier gefunden wurden, zeugen von dieser Epoche. Sie können in der Nähe des Turms in einem kleinen Museum bewundert werden. Die Kulturstätte befindet sich auf der Tentativliste des UNESCO-Weltkulturerbes.  

3. Songköl – eine Welt über der Welt 

Kaum hat man seine Jurte nach einer bewegten Nacht mit Gewitter und kräftigem Wind verlassen, kommt man hier auf 3.000 Höhenmetern aus dem Staunen nicht mehr heraus. In der Ferne sieht man Reiter über die weiten Grasflächen galoppieren, die weißen Nachbarjurten leuchten in der Sonne, Kühe grasen inmitten tausender Butterblumen. Das königliche Blau des Songköl-Sees kontrastiert mit dem eisigen Schnee auf dem Himmelsgebirge Tienschan auf über 4.000 Meter Höhe. Die Luft ist trocken, das Licht blendet. Das beeindruckende Schauspiel dauert nur einige Minuten, denn schon zieht ein Wolkenfeld auf und versenkt die gesamte Kulisse innerhalb von fünf Minuten in ein dunstig-weißes Wattemeer. Ein faszinierender Anblick, bei dem es einen fast ein wenig schaudert. Das ist Söngkol, dieses Hochplateau, wo jeden Sommer Schäfer mit ihren Pferden, Kühen und Schafen kampieren. Ein einfaches Leben, das vom Melken der Tiere und ganz simplen, alltäglichen Arbeiten geprägt ist. 

4. Dorfalltag in Jangy-Talap

Wären wir hier auch vorbeigekommen, wenn Jangy-Talap nicht so ideal zwischen Söngkol und Tasch Rabat im Süden des Landes liegen würde? Wohl kaum. Aber dieser sehr zufällig gewählte Halt in diesem kleinen, ganz einfachen Dorf hat uns nachhaltig beeindruckt, weil wir hier ein realistisches Bild vom einfachen, bäuerlichen Leben erhalten haben. Die Häuser mit Blechfassaden und kleinen Gemüsegärten, die Männer, die mit ihren Kalpaks auf dem Kopf am Straßenrand hocken. Ein kleines Mädchen, das ganz allein auf ihrem Pferd über ein Feld reitet. Eine Großmutter, die sitzend auf einem Holzschemel in einem kleinen schlammigen Feld ihre Kühe melkt. Die kleinen Lebensmittelgeschäfte, wie es sie früher einmal gab. Felder voller Klee, ein Lada aus einer anderen Zeit, im Hintergrund die kargen Berge, die den grünen Fluss Naryn säumen. Auf 1.700 Meter Höhe steckt das ganze ländliche Kirgisistan in diesem einen kleinen Dorf Jangy-Talap.  

5. Die Karawanserei Tasch Rabat 

Tasch Rabat befindet sich in unmittelbarer Nähe zur chinesischen Grenze im Süden des Landes. Nach einem 15 km langen Weg, entlang an einem sprudelnden Gebirgsbach, taucht völlig unvermittelt in der Landschaft die aus Bruchstein gemauerte Karawanserei Tasch Rabat auf. Diese auf 3.500 Metern Höhe erbaute Herberge wurde seit dem 16. Jahrhundert von reisenden Händlern aus China genutzt. Es ist kalt und unwirtlich. Die Landschaft jedoch erinnert an weite Bergwiesenlandschaften in Frankreich. Vor der gemütlichen Jurte einer Familie von Yak- und Pferdezüchtern hören wir abends die Murmeltiere pfeifen, beobachten die am Hang grasenden Schafe mit ihrer dichten Wolle, schauen den Pferden zu. Greifvögel ziehen über den Gipfeln ihre weiten Kreise. Von Tasch Rabat aus können Pferdefreunde bis zum Chatyr-Kul hinaufreiten, das noch verlassener ist als Tasch Rabat und ganz hoch oben auf den Berggipfeln thront. 

6. Naryn, wo die Wege sich kreuzen

Die Provinzstadt in der östlichen Mitte des Landes verbindet die Hauptstadt Bischkek mit China. Eine Zwischenstation sozusagen, in der Durchreisende aus Söngkol oder Tasch Rabat endlich wieder einmal eine Wifi-Verbindung haben (im Nomad Café in der Lenine Street in der Nähe des Rathauses). Hier gibt es auch komfortable Unterkünfte wie das Khan Tengri Hotel oder das Guest House Baktigul. Außerdem Geschäfte für den täglichen Bedarf. Wenn man über den Platz gegenüber dem Rathaus spaziert, wird man Zeuge ganz alltäglicher Situationen. Eine Gruppe Jugendlicher steht zusammen, kinderwagenschiebende Familien sind unterwegs und alte Herrschaften mit tiefen Furchen im Gesicht tragen stolz den Kalpak. In Naryn befindet sich die Universität Zentralasiens, eine der von Aga Khan gegründeten Bildungseinrichtungen zur Förderung der Wirtschaft und zur Stärkung der lokalen Gesellschaft. 

7. Yssykköl – wie eine Fata Morgana …  

Der gigantische See Yssykköl ist 180 Kilometer lang und 60 Kilometer breit und befindet sich im Nordosten Kirgisistans. Einer der größten Höhen-Seen der Welt und leicht salzig. Die Straße, die ab Naryn oder Bischkek zu ihm hinaufführt, gibt den Blick frei auf die stets beeindruckende Hochgebirgslandschaften Kirgisistans. Im Norden des Sees befindet sich die bis zu 4.800 Meter hohe Bergkette Kounguei. Im Süden liegt der Terskeï mit 5.210 Metern. Schneeweiße Berge und das dunkelblaue Wasser des Sees bilden eine sagenhafte Kulisse für Badeurlaube in Club-Hotels, die sich mit ihren Angeboten vor allen Dingen an russische Touristen richten. In den Kounguei-Bergen findet der Falkner Kylytch, dem die Königsadler bei Tamchy am nördlichen Seeufer gehören, die Greifvögel, die er für die Jagd abrichtet. Nur noch rund zwanzig Falkner gibt es in Kirgisistan, die diese Tradition aktiv fortführen. 

8. Die Knorchek-Schlucht oder: das rote Labyrinth 

40 Kilometer westlich von Balyktschy am Rand des Sees Yssykköl kann man auf dem Rückweg von Bischkek zu Fuß von der A365 aus mehrere Kilometer die Konorchek-Schlucht entlangwandern. Diese (im Sommer) trockenen Canyons schlängeln sich zwischen kargen Felswänden aus ockerfarbenem und beigem Sandstein und laufen mal zusammen und dann wieder auseinander. Über kleine Wasserläufe, Felsen und enge Gänge kann man leicht bis zu den Felsformationen klettern, die schon fast wie amerikanische Canyons anmuten. Hier erwarten Sie Felssäulen, Klippen und weite Plateaus. Schon in einer 1,5 Stunden langen Wanderung (hin und zurück) erhält man einen guten Eindruck der Landschaft. Wer sich auch eine dreistündige Wanderung zutraut, dringt noch weiter ein in dieses Gebiet, wo seit fast drei Millionen Jahren ein Vulkan friedlich schlummert.

Autor: Philippe Bourget

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